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Engi

847 m ü. M.

Das Dorf wurde am Ausgang des die Alp Mühlebach umfassenden Mülibachtals besiedelt. Es besteht aus den Teilen Vorderdorf (früher “hinter dem Bach“ genannt), Dörfli und Hinterdorf (zusammen einst “Engi vor dem Bach“). Das 1972 abgerissene Ratsherrenhaus im “Bergen“ stammte wohl aus dem 13. Jahrhundert. Mitte des folgenden Jahrhunderts erscheint die Ortsbezeichnung ze engi. Der Gemeindename ist entweder aus einem Ausdruck für eine Flur am Sernf entstanden oder kommt vom Begriff Anger mit der Bedeutung Wiese.

Die Dorfschaften Engi und Matt waren Bestandteile des Wahltagwens Matt. Aus dem Jahr 1582 ist ein Mannschaftsrodel samt Bewaffnung erhalten für dieses Gemeinwesen. 1621 wurden überdies die Matter zur Hilfe beim Niedergang der Engilawine verpflichtet. 1738 etwa begrub die Fittern-Lawine das Haus Hans Baumgartners im Grund, wobei zehn Personen umkamen. 1828 wurde die Mühlebachkorporation erwähnt. (Am schlimmsten wütete dieser Bach am 15. Juni 1910.) Der Tagwen kaufte 1843/44 von der Kirchgemeinde sowie von Privaten die Alp Mühlebach für zirka 60 000 Gulden oder etwa 90 000 Franken. Das Kraftwerk der Sernftalbahn (1905–1969) befand sich im “Wyer“ in einer ehemaligen Seidenwinde. Nach dem Lawinenwinter 1998/99 war die Gemeinde auf Personal und Gerätschaften der Armee angewiesen.

Die Einwohnerschaft Engis gehört seit 1273 zur damals in Matt erbauten Kirche. Im “Mattbrunnen“ stand vielleicht später auch ein Frauenklösterchen. 1528 wurde aber die Reformation eingeführt. Auf dem Gut “Friedhof“ zwischen Speichen- und Fitternrunse sollte wahrscheinlich in früher Neuzeit eine Kirche erbaut werden. (Erst 1984 kam es zur Weihe einer katholischen Kapelle, nachdem die Messe in einer Kapelle im 1869 von der “Weberei Sernfthal“ erworbenen Mädchenheim gehalten worden war.) Die reformierte Kirchgemeinde Matt-Engi besass bis 1832 einen grossen Teil der Hochwälder und war bis Mitte des 20. Jahrhunderts Eigentümerin der meisten Wildheugebiete. 1857 beschloss sie, eine Sparkasse zu gründen, aus der heraus die heutige Ersparniskasse Sernftal entstand.

Seit dem Spätmittelalter war die Viehwirtschaft mit Alpsömmerung der wichtigste Erwerbszweig. 1408 ist der Kauf der Gandalp vom Land Glarus als Allmendgebiet der Tagwanlüt [...] ze Engi belegt. Im Alpbrief Mühlebach von 1416 besitzt bemerkenswerterweise die Kirchgemeinde von Arth 160 Stösse. Die 1460 erwähnte Engibrücke war ein für den Talverkehr wichtiger Übergang; das 1525 nachgewiesene “Wydenhaus“ war eine Säumerwirtschaft, wovon heute noch ein Maueranker mit Haken und Ring für Saumtiere zeugt.

Schiefer baute man ab spätestens vom 16. Jahrhundert an (bis 1961) am 1833 vom Land übernommenen “Landesplattenberg“. (Untersuchungen müssten klären, ob der in der römischen Villa in Kloten gefundene Schiefer aus dem Sernftal stammt.) 1837 waren für dieses Bergwerk über 200 Personen in Engi beschäftigt. Zudem unterhielt von 1858 bis 1906 eine Schieferbaugesellschaft auf der rechten Talseite (Gebiet “Ringgen“) einen Schieferbruch. Südlich des Plattenberges, am Schwarzkopf, erfolgte der Abbau des “Sernftaler Marmors“ von 1874 bis 1901 in einem Gebiet, welches vom Tagwen Engi verpachtet worden war. An dieses Produkt erinnert noch der schwarze Schild im Dorfwappen.

Mitte des 17. Jahrhunderts waren sowohl ein Stampf als auch eine Säge erwähnt worden. Auf der Alp Mühlebach (im Gebiet “Wissmilen“!) grub man bis ins 19. Jahrhundert überdies nach Gips, welcher unter anderem nach Zürich exportiert wurde. 1777 zählte das Dorf 267 männliche Glarner Bürger. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts florierte noch die Baumwoll-Handweberei. Deren Krise sowie die Kartoffelkrankheit führten ab 1845 zu einer Auswanderungswelle, vor allem nach Nord- und Südamerika. 1855 galt Engi als “Bettelgemeinde“; zu dieser Zeit lebten dort rund 1200 Personen. Seit 1847 ist die Textilindustrie nachgewiesen. Damals entstand im “Hinterdorf“ eine Weberei. 1857 eröffnete die Firma Trümpy Jgr. & Co. im “Wyer“ eine Seidenwinderei, welche 1875 von der elf Jahre zuvor durch Leonhard Blumer gegründeten “Weberei Sernfthal“ erworben wurde. (Heute ist dies die in redimensionierter Form bestehende “Weseta Textil AG“.) Diese kaufte 1897 überdies das Gelände der 1891 abgebrannten Weberei im Hinterdorf und errichtete hier ein Gebäude für 150 Webstühle. 1920 lebten aufgrund dieser Entwicklung 1259 Leute in Engi. 1972 wurde der Webereibetrieb im Hinterdorf jedoch eingestellt. Seit 1985 nutzt das Gebäude die Techno AG, welche Werbetafeln produziert.

1890 baute man auch noch eine Geissgadenstadt in der “Au“ auf, welche 120 Ställe und 600 bis 800 Ziegen umfasste; 1971 wurde die Herde aber aufgehoben. Engi ist nun Domizil zweier Transportunternehmen und Standort der Kläranlage des Kleintals. Ende des 20. Jahrhunderts betrug die Einwohnerzahl noch rund 700.

Um 1605 versprach das Land der Kirche Matt-Engi ein jährliches Entgelt für die Schule. Bis 1779 war Engi nach Matt schulgenössig; dann gründete es ein eigenes Schullokal an der Rigigasse. Das 1832 auf Initiative des Matter Pfarrers Jakob Heer erstellte Schulhaus ist von kunstgeschichtlichem Wert. 1876 konnte das neue Schulgebäude bezogen werden. Die Kleinkinderschule wurde 1909 gegründet. Mit dem südlichen Nachbardorf bildet die Gemeinde seit 1981 wieder einen Schulkreis.

Die touristische Nutzung des Ortes geht mindestens ins Jahr 1581 zurück. Damals fand das Mattlauibad Erwähnung, welches 1762 durch ein “grosses Wasser“ verschüttet werden sollte. Als Schwimmbad diente im 20. Jahrhundert für kurze Zeit der Stauweiher, den 1931 die Sernf-Niedernbach Kraftwerke AG fertiggestellt hatte.

Zum Plattenberg reiste zu Beginn des 18. Jahrhunderts bereits ein Junker Zoller. 1994 wurde die Stiftung “Landesplattenberg Engi“ gegründet mit dem Ziel, das alte Bergwerk mit Führungen, einem Museum sowie einem Lehrpfad für die Öffentlichkeit zu erschliessen.

Seit beinahe 300 Jahren ist der Plattenberg ausserdem Gegenstand geologisch-paläontologischer Forschungen über versteinerte, etwa 35 Millionen Jahre alte, Fische, Vögel und Schildkröten. In dieser Wissenschafts-Tradition stehend, beherbergt Engi seit 2003 die naturwissenschaftliche Sammlung des Kantons; 1995 bereits war der Ortsgeschichtsverein ins Leben gerufen worden.